Verantwortung und Selbstführung
In diesem Blogpost beschäftige ich mich mit Verantwortung. Das Thema hat viele Facetten, und da ich privat und beruflich iterativ damit zu tun habe, bin ich der Meinung, dass es sich lohnt, sich intensiver damit zu befassen.
So wie man laut Watzlawick „nicht nicht-kommunizieren kann“, kann man meiner Meinung nach auch nicht nicht-verantwortlich sein. Doch was genau ist Verantwortung und in was für Formen begegnet sie uns? Laut Wikipedia wird unter Verantwortung „im Allgemeinen die (freiwillige) Übernahme der Verpflichtung angesehen, für die möglichen Folgen einer Handlung einzustehen und gegebenenfalls dafür Rechenschaft abzulegen oder Strafen zu akzeptieren. Sie setzt Verantwortungsgefühl und -bewusstsein, ein Gewissen, die Kenntnis der Wertvorstellungen sowie der rechtlichen Vorschriften und sozialen Normen voraus.“
Bei meiner Beschäftigung mit dem sehr komplexen Thema Verantwortung habe ich mich von Jesper Juul und Boris Grundl inspirieren lassen. Des Weiteren werde ich einige Aspekte aus meinem Buch zur Selbstführung einbringen.
Der 2019 verstorbene dänische Familientherapeut Jesper Juul hat sich viel mit Verantwortung innerhalb der Familie beschäftigt. Dabei unterschied er zwischen sozialer und persönlicher Verantwortung. Soziale Verantwortung übernehmen beispielsweise Eltern in der Erziehung ihrer Kinder. Sie sorgen für sie, geben ihnen zu essen und Kleidung, schaffen ihnen einen Ort, an dem sie sicher und geborgen aufwachsen können. Zugleich aber erziehen sie ihre Kinder zu persönlicher Verantwortung, indem sie ihnen Möglichkeiten näherbringen, Verantwortung für die eigenen Handlungen und Entscheidungen zu übernehmen. Juul sieht die Eltern insbesondere in der Verantwortung, ihre Kinder zu persönlicher Verantwortung zu befähigen.
Boris Grundl hat sich mit Verantwortung im beruflichen Kontext beschäftigt, die in seinen Augen alle Lebensbereiche durchdringt. Ich teile seine Meinung, dass jede und jeder Einzelne Verantwortung richtig erkennen und entsprechend einordnet darf. Es kann nützlich sein sich zu fragen, wann man das letzte Mal bewusst Verantwortung übernommen oder auch abgegeben hat. Wie habe ich mich dabei gefühlt? Hat mich die Erfahrung vielleicht erfüllt? Oder überfordert? Mir geht es dabei besonders um eigenverantwortliches Handeln, das aus einer tiefen Selbstreflexion erwächst.
Wie ich in meinem Buch Selbstführung schreibe, ist die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, sowohl für das Führen als auch für die Selbstführung außerordentlich wichtig. Das betrifft auch die Beziehungsgestaltung, die ich nicht nur als Privatperson sondern auch als Führungskraft verantworte. Verantwortung verstehe ich hier in dem Sinne, dass ich auf Situationen im Arbeitsalltag empathisch reagieren kann. Das heißt, die Selbstführung bildet die Grundlage für ein konstruktives und kooperatives Miteinander und schafft die Basis für authentische Entscheidungen und souveränes Handeln, wodurch das Übernehmen von Verantwortung überhaupt erst möglich ist. In diesem Zusammenhang ist es unabdingbar, sich alte Glaubenssätze bewusst zu machen und eigene Ängste zu erkennen. Darüber hinaus sind die eigenen Werte und ihre Widerspiegelung im eigenen Handeln von Bedeutung. Und es heißt, sowohl im privaten und beruflichen Umfeld seine Talente, Fähigkeiten und Stärken zu erkennen und sich besser kennenzulernen, als auch in der Lage zu sein, Aufgaben und Talente zusammenzuführen.
Der Mensch vereint beides in sich: den Wunsch zu führen, selbst Verantwortung zu übernehmen, wie auch geführt zu werden und Verantwortung abgeben zu können. Doch besonders wenn die zu überschauende Sachlage unklar ist, wünscht man sich jemanden, dem man vertrauen kann und dem man die Führung zutraut.
Was sagen Menschen in meinem Umfeld über Verantwortung:
Ich habe Menschen in meinem Umfeld zum Thema Verantwortung befragt und ganz unterschiedliche Antworten erhalten:
- „Verantwortung ist für mich etwas Aktives, zutiefst Selbstbestimmtes. Ich kann in jeder Situation (neu) entscheiden, wie viel Verantwortung ich übernehme und damit den Grad meines Einflusses bestimmen. Verantwortung zu übernehmen kostet Mut und muss gelernt werden, am besten sukzessive von Kindesbeinen an.“
- „Von sich aus Verantwortung zu übernehmen führt zu Verbindlichkeit. Verantwortung übertragen zu bekommen führt zu Verpflichtung. Verantwortung hat einen hohen Stellenwert in meinem Leben und ich würde mich selbst als verantwortungsbewusst bezeichnen. Wenn ich mich selbst gewählt verantwortlich fühle, dann ist für mich Verbindlichkeit ein hoher Wert, den es zu erfüllen gilt, und das fällt mir leicht. Bei übertragener Verantwortung, welche bei mir im Berufsleben angesiedelt ist, muss ich diverse Aufgaben verpflichtend erfüllen und das kann manchmal anstrengend sein.“
- „Aus meiner Sicht ist die größte aller Verantwortungen das proaktive Selbstmanagement. Für alle Bereiche, die uns selbst betreffen und die wir selbst beeinflussen können, sollten wir die Verantwortung übernehmen – Ernährung, Bewegung, Werte. In diesen Bereichen habe ich die Entscheidungshoheit. Für ein selbstbestimmtes Leben muss ich diese auch wahrnehmen. Eine ausgeprägte Selbstwahrnehmung ist dafür unabdingbar. Damit kann ich den Impuls, der auf mich einwirkt, erkennen, und habe ein kleines Zeitfenster, meine Handlung nicht von einem Reflex bestimmen zu lassen, sondern eigenverantwortlich damit umzugehen.“
- „Verantwortung, das heißt in erster Linie Verantwortung für mich selbst zu übernehmen und damit auch die Konsequenzen für mein Handeln zu tragen. Dadurch habe ich einen größeren Handlungsspielraum und bin unabhängig von anderen. Verantwortung ist für mich auch, dass ich für mich selber sorge und für mich einstehe. Manchmal heißt Verantwortung auch, sich abzugrenzen und die Verantwortung, die andere einem übertragen wollen, nicht anzunehmen. Doch für mich hängt Verantwortung auch mit Schuld zusammen. Der Klimawandel z. B. entsteht durch nicht den Zugriff auf Ressourcen der Erde, und damit macht sich jeder per se schuldig, weil er auf die Ressourcen zugreifen muss, um zu überleben. Und auch um Liebe geht es in diesem Kontext. Für Lebewesen, also Kinder oder Tiere verantwortlich zu sein, hat viel mit Liebe zu tun. In Verantwortung spiegelt sich also die ganze Palette der Gefühle wieder: Sorge, Schuld und Liebe.
Zum Abschluss hier noch einige Zitate zum Thema Verantwortung:
- Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimmst.
Dante Alighieri - Die Macht, Dinge zu hinterfragen, ist die Basis allen menschlichen Fortschritts.
Indira Gandhi - Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht ich, wer sonst? Letztendlich geht es darum, selber die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Es gibt keine Schuldzuweisungen nach außen, sondern am Ende des Tages bin ich derjenige, der entscheidet. Und ich muss das entscheiden. Und wenn ich es nicht entscheide, entscheiden es andere.
Michael Meudt in meinem Buch Selbstführung.
Das war es für heute. Bleiben Sie agil, haben Sie Spaß am Wandel und gestalten Sie ihn mit. Wenn Ihnen dieser Blogpost gefallen hat, freue ich mich über einen Kommentar und eine Empfehlung.
Quellen:
- Jasper Juul: Dein kompetentes Kind. Reinbeck bei Hamburg, 2009.
- Yvonne Kania: (Selbst)verständlich führen – durch sich selbst andere führen. Ebozon Verlag, 2017. Link zum Buch.
- Verantwortung: verstehen und fördern. Verantwortungsindex: http://www.verantwortungsindex.de
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